Lehrstuhl für Chemische Sicherheit und Abwehrenden Brandschutz

Menschenrettung aus Elektrofahrzeugen

Mit der deutlichen Zunahme der Anzahl von Elektrofahrzeugen auf deutschen Straßen [1] steigen auch die Unfallzahlen unter Beteiligung von Batteriesystemen. Die Feuerwehren sind daher immer häufiger auch mit verunfallten Elektrofahrzeugen konfrontiert und speziell im Umgang mit den Batteriemodulen erkennbar verunsichert. Es fehlen valide und einheitliche Einsatzkonzepte für eine -für die Insassen und Einsatzkräfte sichere- Vorgehensweise bei Unfällen mit Elektrofahrzeugen. Hier spielen einerseits die Möglichkeit des thermischen Durchgehens von Li-Ionen-Zellen nach einem mechanischen Impact eine Rolle und andererseits auch die Gesundheitsgefahren durch austretende Ventinggase, die brennbar sind und u. a. auch giftige und korrosive Fluorverbindungen enthalten (können) [2].

Basierend auf dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik sowie den bisherigen Erkenntnissen des Verbands der Automobilindustrie (VDA), der Vereinigung zur Förderung des deutschen Brandschutzes (vfdb) und den Rettungsdatenblättern sowie -leitfäden der Hersteller soll im Rahmen eines von der ADAC-Stiftung geförderten Kooperationsprojekts der Bergischen Universität Wuppertal (Lehrstuhl ABS) und der Technischen Hochschule Ingolstadt (CARISSMA) erstmals praxisnahe Handlungsanleitungen für die Feuerwehr entwickelt werden. Diese sollen auf einer systematischen Analyse verschiedener Unfall- und Brandszenarien basieren und konkrete Einsatzoptionen für unterschiedliche Situationen bieten. Bisher fehlten der Feuerwehr solche spezifischen Anleitungen zur Menschenrettung bei Unfällen und Schadensereignissen mit Elektrofahrzeugen.

Ziel des Forschungsvorhabens war es, die Sicherheit von Insassen und insbesondere auch der Einsatzkräfte im Umgang mit verunfallten Elektrofahrzeugen durch die Erarbeitung von einheitlichen und ganzheitlichen Handlungsempfehlungen zu verbessern.

Hintergrund des Projektes war die bestehende Unsicherheit in der Handhabung der Elektrofahrzeuge, vor allem bei Schadensfällen. Dafür wurden zunächst die Probleme und Fragenstellungen der Rettungskräfte ermittelt. Aus deren Ergebnissen wurde ein Schulungsbedarf insbesondere für die Freiwilligen Feuerwehren festgestellt sowie die Forderung ermittelt, dass die Rettungskette Zugriff auf Batteriedaten erhalten soll.

Aus der Herausarbeitung möglicher Unfallszenarien und den jeweils dazugehörigen Gefährdungen wurden Handlungsempfehlungen erarbeitet. Diese wurden in einem anschließenden Workshop mit zahlreichen Experten diskutiert und anhand von Planübungen durchgesprochen.

Unterstützend zu den vorwiegend konzeptionellen Arbeiten, wurden zusätzlich neue Erkenntnisse durch die Durchführung von Brandversuchen hinsichtlich der Zusammensetzung der Ventinggase gewonnen. Dabei konnten entgegen der bis dato bekannten Literaturdaten nur sehr geringe Mengen von gasförmigem Fluorwasserstoff im Ventiggas nachgewiesen werden. Stattdessen reagierte die Verbindung im verwendeten Versuchsaufbau mit der Luftfeuchtigkeit auf den Oberflächen ab und verblieb als Feststoff im Verbrennungsrückstand der Akkumulatorzelle. Darüber hinaus konnte ermitteltet werden, dass auch Stunden nach dem thermischen Durchgehen Gase (bspw. Methan) von der Zelle emittiert werden, was auf eine Weiterreaktion des Anodenmaterials hindeutet.

Quellen: 

[1]   Kraftfahrt-Bundesamt, "Anzahl der Elektroautos in Deutschland von 2012 bis 2022", zu finden unter: de.statista.com/statistik/daten/studie/265995/umfrage/anzahl-der-elektroautos-in-deutschland/, 2022.

[2]   J. Garche, K. Brandt, Li-battery safety, Elsevier, San Diego, 2019.

 

Wichtiges in Kürze: